PCP- und Lindansanierung im historischen Ost- und Nordflügel des Alten Rathauses von Regensburg

Das Alte Rathaus in Regensburg ist ein historisches Gebäude, dessen Gebäudeabschnitte bis ins 11. und bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts reichen. Der bekannte Reichssaal wurde 1360 als städtischer Tanzsaal gebaut, im 15. Jahrhundert kamen weitere Verwaltungsbauten hinzu. Historische Bedeutung erlangte das Gebäude als Sitz des „immerwährenden Reichstages“, der vom Kaiser einberufenen Reichsversammlung bzw. Ständevertretung im Heiligen Römischen Reich. Der Ost- und Nordflügel des Rathauses stammt aus dem 17. Jahrhundert, der Südflügel schließlich aus dem 18. Jahrhundert. Oberhalb des Ratskellers residiert heute noch der Oberbürgermeister der Stadt mit seinen beiden Bürgermeistern und einem Teil der Verwaltung.

Seit 1995 wurden in den Räumen des Ost- und Nordflügels, die überwiegend als Büro- und Besprechungszimmer von der Stadtverwaltung genutzt wurden, Schadstoffmessungen durchgeführt, die zeigten, dass die hölzerne Bausubstanz in der Vergangenheit mit gesundheitsgefährdenden Holzschutzmitteln behandelt wurde. In der Bausubstanz und der Raumluft wurden die Holzschutzmittelwirkstoffe Pentachlorphenol (PCP), Lindan (y-HCH) und Dichlorfluamid (DCG) nachgewiesen. In den letzten vier Jahren wurden unter Federführung der Tauw GmbH zunächst eine Mustersanierung in sechs Räumen durchgeführt und anschließend schrittweise 15 weitere Räume saniert. Inzwischen wurde das Projekt abgeschlossen.

Im Alten Rathaus stellte Tauw sowohl primär als auch sekundär kontaminierte Baustoffe fest: Zum einen fanden sich Holz-, Wand- und Deckenputze, die direkt mit Holzschutzmittel behandelt wurden bzw. Einwirkungen durch chemische Stoffe erfahren hatten. Zum anderen gab es aber auch Parkettbeläge aus Holz, die über die schadstoffhaltige Raumluft eine Kontamination aufgenommen hatten.

Die Schadstoffsanierung erfolgt in mehreren Bauabschnitten und im laufenden Rathausbetrieb, so dass zum einen die Nutzung durch die Mitarbeiter, zum anderen die Besichtigung durch Touristen mit eingeplant werden musste. Im Rahmen dieses Projektes übernahm Tauw sowohl die Beratung als auch die Projektbetreuung und Koordination. Neben der konsequenten Abtrennung und Sicherung der Arbeitsbereiche zu betrieblich genutzten Räumen war die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften zu gewährleisten. „Dabei ging es vor allem um die Minimierung der Staubbildung im Rahmen der Ausbauarbeiten sowie die Koordination der einzelnen Arbeitsschritte“, umriss Hans Frankerl, Projektleiter bei der Stadt Regensburg, die wesentlichen Anforderungen. Des Weiteren ging es darum, die Überschneidung von Arbeitsbereichen (Rückbau/Ausbau von Bodenbelägen und Deckenfüllung), Beschichtungsarbeiten an verbleibenden Holzbauteilen, Kontroll- und Freigabemessungen in der Raumluft (während und nach der Sanierung) zu vermeiden.

Ausbau der kontaminierten Baustoffe

Eine wesentliche Grundlage für den Erfolg der Sanierung war, dass möglichst wenig Staub erzeugt und Staubbildung möglichst generell vermieden wurde. Darum mussten sämtliche Baustoffe vor Beginn der Rück- und Ausbauarbeiten sowie alle Arbeitsbereiche ständig gereinigt bzw. mit Hilfe von mit speziellen Filtern ausgestatteten Staubsaugern abgesaugt werden. Der Ausbau der Sandschüttung, welche zwischen den Deckenbalken eingebaut war, erfolgte mit Saugschläuchen, die an eine Vakuumpumpe angeschlossen waren. Die Abscheidung des abgesaugten Sandes wurde in einem Sammeltrichter vorgenommen, der vor der Vakuumpumpe installiert war und über zusätzliche Filter (Filter-Abscheider/Tuchfilter, elektromechanische Filterabreinigung) verfügte. Der abgesaugte Sand wurde über den Sammeltrichter direkt in staubdichte Säcke verfüllt.

Beschichtung der sanierungsrelevanten Bauteile

Für die Sanierung der Holzbalken der Zwischendecken wurde ein spezielles Beschichtungssystem (Maskierung) verwendet, das eine wirksame und dauerhafte Sperre für die vorhandenen Schadstoffe darstellt. Das Beschichtungssystem wurde in drei Schichten im Air-Brush-Verfahren aufgetragen. Für den letzten Arbeitsschritt wurde eine nur minimal erkennbare matte Lasur gewählt. Die natürliche Holzmaserung blieb somit erhalten.

Im Bereich der Flächen mit Wand- und Deckenputz besteht die oberste Lage aus weißer Latex-Farbe. Der Vorteil bei der Sanierung der Wände mittels Beschichtungssystem gegenüber anderen Sanierungsverfahren (z.B. Aluminium-Folie mit Gipskartonflächen) besteht darin, dass der historische Charakter der nicht ganz glatten und ebenen Flächen der Putzwände erhalten werden konnte.

Wiederherstellung Fehlboden der Zwischendecke

Bei der Wiederherstellung des Fehlbodens zwischen den Deckenbalken wurden moderne Baustoffe (Spanplatten, mineralische Trockenschüttung, Mineralwolle) als Tragkonstruktion, Schüttung bzw. Dämmung verwendet, die die aktuellen Anforderungen des Schall- und Brandschutzes erfüllen.

Nach Abschluss der Arbeiten im Alten Rathaus wurden die Spezialisten der Tauw noch an anderer Stelle gebraucht. So wurden in den Jahren 2010/2011 von der Tauw GmbH weitere Gebäude (Büroräume im Runtingerhaus, Büroräume im Gebäude der Neuen-Waag-Gasse 2 sowie Brandschadensanierung im Dachgeschoss des Gebäudes Neues Rathaus, D.-Martin-Lutherstr. 1) mit vergleichbaren Schadstoffbelastungen in Büroräumen im Auftrag der Stadt Regensburg saniert.

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